3. Die Option der Südtiroler als ein Beispiel für erzwungene Migration im 20.Jahrhundert (II)
Eine Fotografie erzählt vom Weggehen
Präsentation
Um die 80% der Südtiroler hatten sich 1939 für das Verlassen des Landes entschlossen. Ein Teil von ihnen verließ binnen eines Jahres Südtirol und landete zumeist in Nordtirol.
Fragen
Beschreibung und Analyse
Die Option – das heißt die von Mussolini und Hitler beschlossene Absiedlung der deutschsprachigen Südtiroler–war ein politischer Akt, den wir heute als eine ethnische Säuberung bezeichnen würden. Im Juni 1939 bestimmten die beiden Diktatoren, dass die Südtiroler aus ihrer angestammten Heimat, in der ihre Vorfahren jahrhundertlang gelebt hatten, verjagt werden sollten, weil sie nicht mehr in die faschistische Vorstellung einer geschlossenen italienischen Nation passten (Hitler-Mussolini-Abkommen).
„Heim ins Reich“ war die Losung der Nazis, mit der sie 1938 Österreich und die böhmischen Gebiete besetzten. Hitler wollte seinen Verbündeten Mussolini aber nicht vor den Kopf stoßen und verzichtete auf die Annexion Südtirols. Das Land bei Italien zu belassen, aber die „Menschen zu versetzen“ war 1939 das Gebot der Stunde.
Die Nationalsozialisten begannen eine ungeheure Werbekampagne, um die Bevölkerung Südtirols zum Umsiedeln zu bewegen. Die Menschen hatten sechs Monate Zeit, sich für oder gegen das Weggehen zu entscheiden.
Eine Fotografie erzählt vom Weggehen
Ab November 1939 rollten die Umsiedlungstransporte über den Brenner. Binnen eines Jahres siedelten ca. 50 000 Menschen um. Es waren vor allem besitzlose und nicht bodengebundene Optanten. Ab 1941 sanken die Zahlen rapide ab, da sich bei der Durchführung gravierende Probleme zeigten:
Es konnte kein geschlossenes Siedlungsgebiet gefunden werden – wobei zum Beispiel das Elsass, Burgund oder die Krim in Erwägung gezogen wurden (!)
Das Deutsche Reich hatte nicht das nötige Geld, um die Grundablösen zu zahlen.
Es fehlte am nötigen Wohnraum für die Umsiedler.
Insgesamt wurden 75 000 Personen umgesiedelt, die zum Großteil in Nordtirol angesiedelt wurden. Durch den Sturz Mussolinis und die nachfolgende Besetzung Italiens durch die Wehrmacht kam die Umsiedlungsaktion 1944 gänzlich zum Erliegen.
Zusätzliche Informationen für den Lehrenden
Interessantes Material zu diesem Thema:
- Dokumentarfilm über die Option von Andreas Gradl in 5 Teilen, wobei mir der 4. Teil am geeignetsten für das Arbeiten an diesem Thema geeignet erscheint. Link: Youtube – Südtirol- Die Option.
- Spielfilm von Karin Brandauer und Felix Mitterer: Verkaufte Heimat.
Antworten
- Die Abreise aus Südtirol mit einem Pferdefuhrwerk (vielleicht nur bis zum Bahnhof ...);
- Familienvater – wirkt schon eher älter, Mutter, sechs Kinder – wobei eines ein Säugling ist. Der Vater wirkt eher verlegen, alle Anderen blicken freundlich in die Kamera.
- Sofa, zerlegte Möbel, Weinfass (hoffentlich voll!), Spinnrad (?), Fahrrad, Kisten mit Hausrat.
- Sie reisen ab. Das Fuhrwerk steht vor einem Geschäft, das eine italienische Aufschrift trägt.
Am 23. Juni 1939 wurde in Berlin zwischen dem faschistischen Italien und dem nationalsozialistischen Österreich eine Vereinbarung getroffen, die die Totalumsiedlung der Südtiroler in noch zu erobernde Gebiete im Osten Europas festsetzte. Nur ein halbes Jahr hatten die Südtiroler Zeit, sich für oder gegen die Umsiedlung zu entscheiden. Dieser Entscheidungsprozess trieb einen großen Keil zwischen die Südtiroler Menschen – oft zerriss er ganze Familien – es wurde heftig um das scheinbar Bessere gerungen. Narben aus dieser Zeit des Zwistes waren noch lange in der Südtiroler Bevölkerung spürbar.
Die Nationalsozialisten starteten eine riesige Werbekampagne, um die Südtiroler zur Umsiedlung zu animieren, damit die Südtiroler Bevölkerung „optierte“. Gezielt wurden Lügen verbreitet, die Menschen gegeneinander aufgehetzt. Bald schon ging ein Riss durch die Südtiroler Bevölkerung – die Gräben zwischen Umsiedlungswilligen und solchen Menschen, die im Land bleiben wollten, waren für lange Zeit unüberbrückbar. Der größte Teil der Südtiroler entschloss sich für die Umsiedlung. Letztendlich waren es 75 000 Menschen, die in die Fremde gingen.