Südtiroler!
Die Propaganda der sogenannten „Hierbleiber“, jener also, die freiwillig und blind ihre Zustimmung zur Verwelschung unseres Volkstums geben, geht weiter. Es geht ihnen nicht in den Sinn, dass es eine Heimat ohne Pflege ureigensten nationalen Wesens (…) nicht gibt. Volksfremde Elemente, Emigranten, Aristokraten und verhetzte Geistliche bilden die saubere Gesellschaft, die heute die Heimatliebe predigen. (…) Geldprotzen, die fürchten dem Reich am Ende ein paar Lire opfern zu müssen, sagen:“Geht nicht, draußen ist Krieg! Kriegsfolgen sind Umsturz und Entwertung des Geldes, das ihr für euren hier verkauften Besitz noch gut habt.“ Ja, sind wir Südtiroler von 1939 Feiglinge geworden, die den Krieg fürchten und das Opfer für unser Vaterland? (…) Es heißt „Im Reich sei keine Religion“. Man ist im Reich gegen das scheinheilige, politisierende Priestertum, das aus weltlicher Machtgier das nationale Deutschland hasst und jenes Judentum, das Christus, unseren Herrn, gekreuzigt hat, in Schutz nimmt, wo es nur kann. Das Gebot der Nächstenliebe und die 10 Gebote sind im deutschen Reich geradezu Staatsgrundgesetze. (...)
Am 23. Juni 1939 wurde in Berlin zwischen dem faschistischen Italien und dem nationalsozialistischen Deutschland eine Vereinbarung getroffen, die die Totalumsiedlung der Südtiroler in noch zu erobernde Gebiete im Osten Europas festsetzte. Nur ein halbes Jahr hatten die Südtiroler Zeit, sich für oder gegen die Umsiedlung zu entscheiden. Dieser Entscheidungsprozess trieb einen großen Keil zwischen die Südtiroler Menschen – oft zerriss er ganze Familien – es wurde heftig um das scheinbar Bessere gerungen. Narben aus dieser Zeit des Zwistes waren noch lange in der Südtiroler Bevölkerung spürbar.
Die Nationalsozialisten starteten eine riesige Werbekampagne, um die Südtiroler zur Umsiedlung zu animieren, damit die Südtiroler Bevölkerung „optierte“. Gezielt wurden Lügen verbreitet, die Menschen gegeneinander aufgehetzt. Bald schon ging ein Riss durch die Südtiroler Bevölkerung – die Gräben zwischen Umsiedlungswilligen und solchen Menschen, die im Land bleiben wollten, waren für lange Zeit unüberbrückbar. Der größte Teil der Südtiroler entschloss sich für die Umsiedlung. Letztendlich waren es 75 000 Menschen, die in die Fremde gingen.